Megatrend Nachhaltigkeit
Laut aktuellen Branchenumfragen, steigt unser Bewusstsein für Umwelt und Gesundheit. Wer etwas auf sich hält ist heute sportlich fit, ernährt sich gesund und achtet bei der Wahl seines Fortbewegungsmittels auf Umweltverträglichkeit. Und mit diesem Trend achten auch immer mehr Reisende bei der Wahl ihrer Unterkunft auf nachhaltige Gesichtspunkte. Über ein Viertel der Urlauber aus Europa haben bei ihrer letzten Reise sogenannte „grüne Aspekte“ berücksichtigt. So entsteht neben der 5 Sterne Bewertung ein ganz neues Feld an Kriterien, die sich um ökologische und soziale Aspekte der Hotelführung drehen.
Wer reist hinterlässt Spuren
Gerade in der Hotellerie ist nachhaltiges Engagement nicht ganz uneigennützig. Denn kaum eine andere Branche ist derart angewiesen auf eine intakte Umwelt und freundliche Mitarbeiter. Sanfter Tourismus ist seit langem ein bekannter Begriff. Die Diskussionen rund um nachhaltige Entwicklung lassen neuerdings sogenannte „Öko-Hotels“ und „Bio-Resorts“ aus der Erde sprießen. Sie werben mit Naturverbundenheit und Entschleunigung und legen besonderes Augenmerk auf die Herkunft der Materialien und angebotenen Speisen, die oft naturbelassen und schadstofffrei sind, was sich nicht nur positiv für allergiegeplagte Reisende auswirkt.
Aber nicht nur der Gast profitiert davon. Durch die Verbindung von Ökologie und Ökonomie entstehen auch Vorteile für die Betreiber selbst. Durch viele der Maßnahmen, die auf Senkung Wasser- und Energieverbrauch und eine niedrige Renovierungsquote abzielen, sinken langfristig die Betriebskosten. Gepaart mit einer gleichzeitig konsequenten Positionierung als nachhaltig geführter Betrieb kann eine Steigerung des Umsatzes erzielt werden. Denn ein Großteil der Reisenden ist bereit für einen Urlaub mit einem solchen Plus an nachhaltigen Leistungen tiefer in die Tasche zu greifen. Ein positiver und besonderer Mehrwert also – für Gast und Hotelier.
Nachhaltigkeit ganz trocken betrachtet
Stellt sich noch die Frage, was bedeutet „Nachhaltigkeit“ eigentlich und was steckt hinter diesem inflationär gebrauchten Begriff? Also nichts wie rein in die graue Theorie: Allgemein ist der Begriff wie folgt definiert: „Eine nachhaltige Entwicklung resultiert aus einer gleichrangigen Berücksichtigung wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Aspekte mit dem Ziel, die Bedürfnisse der heutigen Generation zu erfüllen ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen einzuschränken.“ Veranschaulichen kann diese kompliziert-klingenden Definitionen, das 3-Säulen-Modell.
Zahlreiche Label-Systeme und faktische Größen für Produkte und Dienstleistungen beschäftigen sich mit der Umsetzung in die Praxis: Grüner Punkt, blauer Engel, FSC, Fair Trade Siegel, ökologischer Fußabdruck, Welterschöpfungstag, virtueller Wasserverbrauch – und das ist nur eine kleine Auflistung der Bekanntesten.
Dass nachhaltiges Handeln wider Erwarten nicht immer gleich Verzicht bedeutet zeigt erfolgreich das Zertifizierungssystem Cradle to Cradle: Ein Konzept, das neben ökologischen und gesundheitlichen Kriterien vor allem die Kreislauffähigkeit von Materialien in den Fokus stellt. Eingeteilt in biologische und technische Stoffe können Materialien innerhalb der Stoffzyklen ohne Wertverlust endlos genutzt werden. Damit ist Nachhaltigkeit nicht – wie oftmals angenommen – ausschließlich mit ökologischen und natürlichen Kriterien gleichgesetzt, sondern schließt technische und künstliche Materialien sowie neue Technologien mit ein. Nachhaltigkeit bedeutet also keine rückwärtsgewandte Entwicklung, sondern Blick nach vorne.
Nachhaltigkeit im Alltag gelebt
Nachhaltiges Handeln findet oft hinter den Kulissen und für den Gast nicht sichtbar statt. Besonders beim Energie-, Wasser- und Müllmanagement. So z.B. die technischen Umrüstungen wie der Umstieg auf regenerative Energien oder die Optimierung der Heiz- und Klimaanlage. Die Reduzierung des Verbrauchs durch wassersparsame Armaturen, Toilettenspülungen mit Regenwasser, der Einsatz von LED Leuchtmittel gepaart mit einer clevere Steuerung sowie im täglichen Einkauf gebündelte Lebensmittellieferungen, Mehrwegverpackungen und die Reduzierung des Mülls sind nur eine kleine Auswahl der effektivsten Maßnahmen.
Andere Schritte dagegen sind für den Gast direkt sicht- und spürbar: Pflegeprodukte aus biologisch angebauten, natürlichen Inhaltsstoffen und organisch abbaubare Verpackungen. Auch im Restaurant geht Nachhaltigkeit weiter. Denn ob ein Hotel tatsächlich umwelt- und sozialverträglich ist wird leicht am Frühstückbuffet sichtbar: saisonale Produkte von regionalen Produzenten werden bevorzugt. Biologisch erzeugt und aus fairem Handel.
Aber auch in kleinen Gesten steckt Großes, wie das Abschalten des WLAN-Netzes über Nacht für einen erholsamen Schlaf oder die Förderung von klimafreundliche Mobilität durch Bereitstellung von Fahrrädern, E-Bikes und Ladestationen für Elektroautos, sowie das Angebot einer GästeCard für kostenlose Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln.
Da sich die Zufriedenheit der Mitarbeiter auch auf die Gäste überträgt, steht auch das soziokulturellem Engagement hoch im Kurs: Individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten, flexible Dienstplangestaltung für Mitarbeiter mit Kind, Beschäftigung von Menschen mit Handicap, unbefristete Verträge und darüber hinausgehendes Engagement für soziale Projekte – regional und weltweit.
Wie sieht nachhaltiges Design aus?
Nachhaltiges Handeln resultiert aus einer ganzheitlichen Betrachtung. Daher spielt natürlich auch Architektur und Design eine wichtige Rolle. Denn beide können die Message „Nachhaltigkeit“ auch nach Außen kommunizieren.
In Zeiten in denen selbst unsere Jüngsten von Allergien, Unverträglichkeiten, und zum Teil auch psychischen Krankheiten geplagt werden, beschäftigt sich der baubiologische Ansatz vorrangig mit der Auswahl von Baustoffen, die keine Schadstoffe enthalten und ökologisch verträglich sind. Denn kaum einer ist sich bewusst, was so alles in der Innenraumluft steckt, die uns 90% des Tages umgibt – denn das gefährliche an den ausgedünsteten Schadstoffen ist, das wir sie nicht sehen. Darüber hinaus werden auch die Produktionsbedingungen, deren Auswirkungen auf Mensch und Natur und spätere Recyclingmöglichkeiten unter die Lupe genommen. Lokale Materialien von ortsansässigen Zulieferern, traditionelle Bauweisen, die auf die gegebenen Klimabedingungen angepasst sind und die Achtung und Einbeziehung des Bestandes stehen nicht nur im Zeichen der Nachhaltigkeit, sondern versprühen auch ein ganz besonderes Flair.
Naturbelassene Hölzer, atmungsaktive Wandbeschichtungen, Farben auf natürlicher Basis, antibakterielle Oberflächen, Strahlungsfreiheit, Möbel aus Upcycling, klebstofffreie Verbindungen, antiallergene Bettwäsche, Dachbegrünung, … die Möglichkeiten sind schier unendlich. Neuste Technologien und die Wiederentdeckung alter Techniken ermöglichen zudem den Einsatz von Materialien, die nicht nur keine Schadstoffe abgeben, sondern die Raumluft und Atmosphäre sogar noch zusätzlich verbessern, indem Sie vorhandene Schadstoffe binden, Feuchtigkeit regulieren oder die Akustik verbessern und noch dazu ein optisches Highlight darstellen. Denn Design ist nur dann wirklich nachhaltig, wenn es Gast und Betreiber Spaß macht.
Labels für Reisen mit gutem Ökogewissen
Gar nicht verreisen ist schließlich auch keine Lösung. Aber wie soll man in der schier unendlichen Flut an Angeboten die richtige Reise für ein gutes Ökogewissen finden? Orientierung bieten zahlreiche Plattformen und Zertifizierungssysteme:
Die ISO 14001 ist eine weltweit gültige Zertifizierung. Wer seinen Urlaub in Europa verbringen möchte, kann sich an das Gütesiegel EMAS der Europäischen Union halten – praktisch der kleinen Schwester der ISO 14001. Speziell für die Hotellerie wird das Siegel GreenSign vom Institut für Nachhaltige Entwicklung in der Hotellerie vergeben. Fünf Stufen geben Auskunft über ökologische, soziale und ökonomische Aspekte der Hotelführung. Daneben gibt es zahlreiche länderspezifische Siegel wie z.B. das Österreichische Umweltzeichen, das vom Umweltministerium an Tourismusbetriebe, Bildungseinrichtungen oder Produkte vergeben wird.
Eine Auswahl verschiedener Unterkünfte anhand von individuellen Kriterien bieten zahlreiche Online-Plattformen an. Egal ob eine Geschäftsreise auf der Plattform „Certified Green Hotel“, ein Weltenbummel von der Kommunikations- und Informationsplattform „GreenPearls“ oder ein Familienurlaub mit unverfälschte Naturerlebnis von „Biohotels“ – nach Reiseziel und Urlaubsart gegliedert ist für jeden Urlaubertyp ein passendes Angebot zu finden.
Aber egal wo und wie Sie suchen, eines bleibt Ihnen dennoch nicht erspart: der Aufwand sich zu informieren und zu vergleichen. Denn wie immer im Leben sind so manche Angebote mehr Schein als Sein. „Greenwashing“ nennt man das, wenn Unternehmen auf den Hype aufspringen und mit grünen Argumenten und großen Worten werben, hinter denen sich bei genauem Hinsehen nichts als heiße Luft verbirgt.
Aber wenn Sie sich erst durch den grünen Dschungel gekämpft haben, können Sie sich endlich darauf freuen: ein Urlaub mit dem Sie nicht nur sich selbst etwas Gutes tun.